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Interview für das Magazin Busenfreundin

Deva ist lesbisch, Unternehmerin und Regisseurin – und hauptberuflich Domina. Wie sie zu diesem außergewöhnlichen Beruf kam, welche Klischees über BDSM absolut nicht stimmen und was ihre skurrilsten Aufträge waren? Das und mehr erzählt Deva im exklusiven Interview mit „Busenfreundin – das Magazin”!

Deva, 30, lebt in Berlin und ist aufmerksamen Busenfreundin-Hörer:innen bereits als Ricardas Gästin bei 1live-Podcast-Festival bekannt. Ihr habt das 1live-Podcast-Festival verpasst?


Busenfreundin-Magazin: Wie bist du zum Beruf der Domina gekommen? Deva: Zu dem Beruf der Domina bin ich vor acht Jahren durch reinen Zufall gekommen. Davor wusste ich über diesen Job nicht viel. Ich hatte mal irgendwo im Fernsehen von einer Domina gehört, die ihren Sklaven erpresst hat, bis er ihr sein letztes Geld gab ... Das war alles, was ich bis dahin zu diesem Thema hätte sagen können!

Dann hat mich eine Freundin gefragt, ob ich Lust auf eine verrückte Aktion hätte. Sie hatte jemanden kennengelernt, der zwei sadistische Freundinnen suchte, die ihn zu Hause besuchen und erziehen würden. Und ich habe spontan ja gesagt. Wir hatten die Rahmenbedingungen geklärt und er hat großzügig gezahlt. Ich wusste, dass er bei sich sehr viel BDSM-Equipment hatte, das wir an ihm ausprobieren durften. Und dass er sehr viel Schmerz aushalten möchte. Im Nachhinein fand ich diesen Abend lustig, verrückt und amüsant – aber auch nicht mehr. Offenbar hat mich diese Erfahrung aber trotzdem geprägt, denn ich habe zwei Jahre später in einem SM-Studio angefangen als Domina zu arbeiten, weil ich mich in meinem Bürojob ausgebrannt fühlte. Im Laufe der Zeit habe ich immer mehr über BDSM gelernt. Wie es wirkt und berührt und was für tiefgründige Strukturen dahinter stecken. Und was für unterschiedliche Facetten BDSM zu bieten hat.

Busenfreundin-Magazin: Was ist BDSM für dich? Deva: BDSM ist für mich wahrscheinlich die ehrlichste und direkteste Art zwischenmenschlicher Beziehung. BDSM hat für mich auch nicht zwangsläufig eine sexuelle Komponente, sondern vor allem eine psycho-emotionale. Das finde ich sehr spannend.

Allgemein steht BDSM für Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism. Das schließt eine ganze Menge Praktiken und Vorlieben mit ein, ist aber natürlich trotzdem ein allgemeiner Sammelbegriff. Ich finde BDSM sehr viel vielschichtiger. Nicht jede submissive Person mag Schmerzen. Nicht jede Person, die eine Domina aufsucht, ist submissiv. Es gibt alle möglichen Variationen von Bondage. Genauso wie es unzählige Schmerzpraktiken gibt, die alle etwas unterschiedliches bewirken können und jeweils ein völlig anderes Setting haben – vom strafenden bis hin zum heilenden Schmerz. Dann gibt es da natürlich noch den Bereich der Rollenspiele und der unterschiedlichsten Fetische ...

BDSM ist für mich nicht nur düster und findet nicht nur in Kellerräumen statt. Vor allem ist meine Arbeit für mich kreativ, vielseitig und am Menschen orientiert. Sie kann bizarr, spirituell, rituell, persönlichkeitsentwickelnd sein. Und vor allem: Sehr ehrlich.


Busenfreundin-Magazin: Was sagen Familie, Freunde und Bekannte dazu? Wie hast du ihnen von deinem Beruf erzählt? Deva: Von meiner Familie weiß es nur meine Schwester in Russland. Sie steht mit allem voll hinter mir, auch wenn sie das Thema mit Sicherheit sehr ungewöhnlich findet. Andere Familienmitglieder wissen es nicht. Nicht, dass ich es absichtlich geheim halte. Aber sie sind so weit entfernt von dieser Materie, dass ich gar nicht wüsste, mit welchen Worten ich umschreiben sollte, was ich genau mache. Ansonsten gehe ich mit diesem Thema sehr offen um, wenn man mich danach fragt. Ich binde es aber auch nicht jedem auf die Nase. Für mich ist es ein ganz normaler Beruf. Ich habe gerne tiefgründige Gespräche zu diesem Thema, aber ich mag es nicht aus reiner Neugierde zur Attraktion gemacht zu werden.

Busenfreundin-Magazin: Was nimmst du von deiner Arbeit mit nach Hause’? Bist du privat auch eher ein dominanter Mensch? Probierst du manche Dinge, die du mit deinen Klient:innen gemacht hast, auch privat aus? Deva: Ich bin ein kreativer, lebendiger Mensch und natürlich beeinflusst mein privates Ich meine Arbeit und andersrum. So entstehen Ideen, Phantasien und neue Pläne. Ich kann meine Arbeit trotzdem total gut von meinem Privatleben trennen. Das passiert bei mir ganz natürlich, ohne das ich darüber nachdenken muss.

Ich bin generell ein Mensch, der gerne die Kontrolle hat und am liebsten alles selbst bestimmt und macht. Das passt gut zu meinem Job. Privat kann ich diesbezüglich einen Gang runter schalten, auch wenn mir das manchmal schwer fällt. Ich bin aber privat nicht dominant. Das ist ein Aspekt von mir, den ich wunderbar durch meine Arbeit ausleben kann, aber nicht 24/7 haben muss.

Busenfreundin-Magazin: Du bist lesbisch. Hast du derzeit eine Partnerin und wenn ja: Wie kommt sie mit deinem Beruf zurecht? Gibt es deswegen Spannungen in eurer Beziehung? Deva: Ich habe eine Partnerin und sie erfuhr direkt bei unserem ersten Treffen von meiner Arbeit. Wir haben uns im Laufe unserer Beziehung auch mit meiner Arbeit auseinander gesetzt, zeitweise sehr intensiv. Zu der Zeit bin ich beruflich viel gereist und war zeitlich sehr viel eingebundener. Es war nicht immer leicht, alles miteinander zu vereinbaren. Aber ich finde, wir haben das alles großartig hinbekommen. Meine Partnerin unterstützt mich bei all meinen Projekten und Vorhaben, dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Busenfreundin-Magazin: Du arbeitest sowohl für Männer als auch für Frauen. Wer bucht öfter bei dir? Deva: Kommerzieller BDSM, der in SM-Studios stattfindet, ist fast ausschließlich auf männliche Klienten ausgelegt ist. Langsam beginnt sich das zu ändern. Ich habe das früher nicht hinterfragt. Mittlerweile ist es aber so, dass ich mich gezielt dafür einsetze einen Raum zu schaffen, der BDSM Sessions auch queeren Menschen zugänglich macht. Das Studio Lux in Berlin ist eins der ersten Studios, die das ganz selbstverständlich anbieten und fördern. Dort arbeiten auch lesbische Dominas und queere Personen.


Die Praxis für Coaching und Körperarbeit mit dem Schwerpunkt BDSM, die ich im Mai eröffnen werde, soll ebenfalls ein offener Raum für alle Gender sein.

Busenfreundin-Magazin: Haben Mann und Frau unterschiedliche Wünsche? Worin unterscheiden sie sich und was haben sie gemein? Deva: Mir fällt es etwas schwer, das zu beurteilen, weil ich deutlich mehr Sessions mit männlichen Klienten hatte. Als ich gezielt Sessions für Frauen anbieten wollte, kam der Lockdown. Eine lesbische Kollegin meinte neulich, Frauen seien ihrer Meinung nach anspruchsvoller was den sexuellen Kick betrifft. Da geht es weniger um direkte Reize, sondern das ganze Drumherum, die Atmosphäre, das Setting und viel subtiles ...

Busenfreundin-Magazin: Was war der seltsamste Auftrag, den ein:e Klient:in für dich hatte? Deva: Es gibt so viele unterschiedliche Anfragen, dass ich mir schwer tue etwas als seltsam zu bezeichnen. Darin steckt ja auch schon eine gewisse Wertung. Für jemanden, der nichts mit der Materie zu tun hat, ist wahrscheinlich so ziemlich alles seltsam, was in einem Studio stattfindet.

Skurill sind für viele wahrscheinlich ungewöhnliche Fetische, wie das Versohlen des Hinterns mit einem Birkenstockschuh. Und wirklich nur mit einem originalen Birkenstock! Oder ein Sklave, der zur Überwindung seiner Schüchternheit Lieder und Tänze im Hasenkostüm vor mir und Kolleginnen aufführt. Ich liebe das, weil ich die Hintergrundgeschichte dazu kenne und für mich alles Sinn macht.

Herzerwärmend habe ich Sessions mit einem Gast in Erinnerung, den ich bei seinem Transformationsprozess zur Frau begleitet habe. Er hatte nie die Gelegenheit gehabt, seine Weiblichkeit zu zeigen und für ihn war die ganze Session ein symbolischer Akt, der vor dem Spiegel zelebriert wurde.

Die seltsamsten Anfragen waren wahrscheinlich Schlachtungsphantasien oder Kastrationen. Wobei ich bei solchen Anfragen nicht weiß, wer dahintersteckt und ob die Anfragen ernst gemeinst sind, beziehungsweise ob da nicht jemand seine Fantasien verbal am Telefon oder per Mail befriedigen will.

Busenfreundin-Magazin: Welcher Auftrag wäre ein absolutes No-Go für dich? Deva: Grundsätzlich ist für mich alles ein No-G was körperlich oder psychisch schädlich oder gefährlich ist. Das können extreme Praktiken sein, für die ich nicht garantieren kann oder Situationen, in denen ich das Gefühl habe, dass eine Person nicht sorgsam mit sich selbst umgeht oder bestimmte Vorlieben nicht unter Kontrolle hat. Ich habe es sehr selten erlebt, aber wenn jemand beispielsweise süchtig nach Schmerz ist und immer wieder den nächsten Kick sucht, ohne das Erfahrene richtig zuzuordnen oder sich damit auseinanderzusetzen, dann möchte ich so ein selbstzerstörerisches Verhalten nicht unterstützen. Genauso wenn jemand immer wieder Sessions will, ich aber merke, dass es den finanziellen Rahmen der Person sprengt. Oder der submissive Part zu anhänglich wird und anfängt, Dinge und Bedürfnisse auf mich zu projizieren, für die ich nicht verantwortlich bin.


So etwas kommt aber sehr selten vor. Meine Erfahrung ist, dass Menschen, die sich mit dem Thema BDSM auseinandersetzen, verantwortungsvoll mit sich und anderen umgehen.

Dann habe ich natürlich auch meine persönlichen Grenzen und Vorlieben, die im Laufe der Zeit immer enger geworden sind. Intimkontakt, sowohl bei mir, als auch bei Klient:innen ist für mich tabu. Mein Angebot richtet sich vor allem an Personen, für die sexuelle Stimulation oder ein Orgasmus nicht vorrangig ist. Die Menschen, die zu mir kommen, möchten BDSM eher auf der psycho-emotionalen Ebene erfahren und zum Beispiel für ihre persönliche Entwicklung nutzen. Oder sie sind sehr submissiv im klassischen Sinne. In beiden Fällen finde ich sexuellen Kontakt oder gar einen Orgasmus nicht passend und nicht notwendig.

Busenfreundin-Magazin: Warum ist es wichtig, dass BDSM auch für lesbische Frauen sichtbar gemacht wird? Deva: Aktuell ist es so, dass fast alles, was im Bereich des kommerziellen BDSM angeboten wird – damit meine ich vor allem SM Studios – auf Männer ausgerichtet ist. Es ist nicht so, dass weibliche oder generell queere Menschen dort nicht willkommen wären, aber sie werden als Zielgruppe nicht angesprochen.

Schon allein deshalb ist die Hemmschwelle für eine Frau oder eine non-binary Person sehr viel größer, eine Session zu buchen. Die sexuellen Neigungen sind aber bei allen Gendern vertreten und ich finde es wichtig, dass jede:r gleichermaßen die Möglichkeit hat, das auszuleben, wenn der Wunsch danach besteht. Es kann Vorteile haben, eine professionelle Session zu buchen. Im Idealfall ist die Person, die man aufsucht erfahren, geht auf die Bedürfnisse ein und begleitet einen achtsam und bewusst.

Gerade im BDSM ist ein sicheres Setting sehr wichtig. Natürlich ist es auch toll und etwas ganz besonderes, BDSM in der Partnerschaft auszuleben oder sich privat mit nahestehenden Personen zusammen zu tun. Aber wie ich es schon oft gehört habe, ist das gar nicht so einfach und manchmal einfach nicht sicher genug, auf Partys oder im Internet auf die Suche zu gehen. Deshalb finde ich, sollten alle einen unkomplizierten Zugang zu BDSM haben.

Busenfreundin-Magazin: Hat deine Neigung einen Einfluss auf deine Arbeit? Machst du es Frauen lieber als Männern? Deva: Meine Neigung hat insofern keinen Einfluss, weil meine Sessions nicht direkt sexuell fokussiert sind und ich auf psychischer Ebene gleichermaßen mit Personen verbunden bin. Außerdem handhabe ich das natürlich professionell und stelle weder Gender, Aussehen, Alter oder sexuelle Neigungen der Person in Frage. Genauso, wie es Physiotherapeut:innen oder Psychotherapeut:innen auch nicht tun würden.

Meine lesbische Neigung hat meine Arbeit trotzdem sehr beeinflusst, weil es mir im Laufe der Zeit immer wichtiger geworden ist, die queere Community anzusprechen und das Thema selbstverständlich zugänglich zu machen. Am Anfang war ich für dieses Thema nicht so sensibel, schon allein durch mein eigenes spätes Coming-out. Aber zum Glück konnte ich dahingehend meinen Horizont erweitern.

Busenfreundin-Magazin: Wie ist es dir im Lockdown ergangen?

Deva: Die Studios haben seit knapp einem Jahr fast durchgehend geschlossen. Das heißt, ich habe schon sehr lange keine Sessions mehr angeboten. Trotzdem konnte ich die Zeit sehr gut nutzen. Zum einem arbeite ich seit einem Jahr mit zwei Freundinnen an einem Dokumetarfilm über BDSM. Ich habe das Projekt damals ins Leben gerufen, weil ich die vielen schönen, tiefen und berührenden Aspekte des BDSM festhalten wollte. Wir arbeiten mit ganz tollen Protagonist:innen zusammen, die mich wahnsinnig inspirieren und berühren. Bis der Film fertig ist, dauert es aber noch eine Weile, wir sind mitten in den Dreharbeiten.

Dann mache ich gerade zusammen mit meiner Partnerin eine Ausbildung in ganzheitlicher Körperarbeit, wo ich auch mehr über trauma-sensitive Arbeit und verschiedene Coaching Tools lerne. Das ist sehr bereichernd für meine Arbeit mit Menschen.

Und dann verwirkliche ich gerade meinen Traum, den ich schon seit ein paar Jahren angestrebt habe: Eine eigene Praxis, als Begegnungsort für unterschiedliche Menschen und Disziplinen – Coaching, BDSM, Energiearbeit und Körperarbeit. Ich stehe kurz vor der Eröffnung. Das wird ein Ort sein, wo unterschiedlichste Kolleg:innen ebenfalls tätig sein können. Alle ergänzen sich in Ihrer Tätigkeit. BDSM steht dort im Fokus der Persönlichkeitsentwicklung. Dieser Ort ist außerdem queerfriendly. Ich will langfristig eine Community aufbauen, wo sich Coaches, Bodyworker und Therapeuten zusammentun, die aus der LGTBQ* Community kommen und ein Angebot für Menschen der LGTBQ* Community haben.










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Das 1Live Interview findest du hier: https://www.youtube.com/watchv=mbCneqEG_3Q&t=1575s










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