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Interview Transform Magazin


Das Interview zum Artikel im Transform Magazin. Den Artikel selbst gibt es nur in der gedruckten Ausgabe.



Vor deinem Job als Domina hast du in einem sehr klassisches Berufsbild gearbeitet. Wie natürlich hat sich für dich der Wechsel von einem gesellschaftlich sehr normal angesehenem Job zu einem, der gesellschaftlich teilweise immer noch als verrucht gilt, angefühlt?

Das hat sich für mich sehr natürlich angefühlt - vor allem bezogen auf mein Innenleben. Ich habe das geplant, mir gut überlegt und mich darauf gefreut. Vor allem am Anfang war es sehr aufregend. Nach Außen hin habe ich tatsächlich etwas mehr Zeit gebraucht um es anzunehmen bzw. nach Außen zu kommunizieren. Zum Beispiel meinen Freunden und Bekannten. Mit der Zeit wurde das eine Selbstverständlichkeit. Aber ja, für viele mag es noch verrucht sein und es existieren Klischee-Bilder. Diese hatte auch ich zu Anfang im Kopf und habe sie im Laufe der Zeit sortiert, aufgeräumt und neu eingeordnet. Wenn man sich mit BDSM befasst und die Psychologie dahinter versteht, kommt es einem nicht mehr verrucht oder bizarr vor, sondern menschlich.

Was bedeutet BDSM für dich und welche Fetische deckst du in deiner Arbeit als Domina ab?

Da BDSM sehr vielseitig und facettenreich ist, kann es schwer sein, es mit Worten zu greifen. Vor allem ist es für mich eine sehr ehrliche Art der zwischenmenschlichen Begegnung. Verfeinert und intensiviert durch bestimmte Rollenbilder, Machgefälle, Inszenierungen und alle möglichen kreativen Spielarten. Im Grunde genommen ist BDSM das, was die jeweils Beteiligten individuell draus machen.

Außerdem weitet BDSM Sexualität aus. Über Penetration, Genitalien und Orgasmus hinaus.

Den Begriff Fetisch würde ich in diesem Zusammenhang gerne erweitern auf sexuelle Präferenzen. Der Begriff sexueller Fetischismus wird sehr unterschiedlich verwendet, umgangsprachlich im Sinne von Faszination und sexuellen Vorlieben bis hin zu objektbezogener Verehrung oder pathologischer Besessenheit im Sinne der sexualmedizinischen Diagnostik. Das gilt es zu unterscheiden. Deshalb finde ich den Begriff sexuelle Vorlieben im allgemeinen Sinne passender.

In meiner Arbeit als Domina arbeite ich vor allem mit Machtgefällen. Das kann von Person zu Person sehr unterschiedlich aussehen. Beispielsweise psychologische Führung, inszenierten Rollenspielen, Schmerzpraktiken oder Erniedrigung.


Die Rolle des submissiven Parts kann dabei sehr unterschiedlich aussehen. Sklave, Diener, Prüfling, Bestrafter, Beichtender, Lernender, Verehrer usw.

Was von Außen theatralisch wirken mag, ist psychologisch sehr spannend. Denn ich arbeite mit archaischen Machtstrukturen, die ich sowohl spielerisch, als auch tiefergehend einsetzen kann.

Meine Arbeit als Domina schließen natürlich auch Fetische im konkreteren Sinne ein. Typische Beispiele sind Materialien wie Latex oder Leder, bestimmte Kleidung oder Schuhe und die volle Bandbreite der medizinischen Fetische. Generell interessieren mich Fetische aller Art, sofern sie mit meinen Vorlieben kompatibel sind. Ich liebe es Dinge, die mein Gegenüber faszinieren, zu inszenieren. Dann kommt die Regisseurin in mir durch. Auch wenn Fetische sexuell sind, ist das interessante daran, wie ganzheitlich sie erlebt werden können. So gestalte ich auch meine Sessions.

Oftmals werden spezielle sexuelle Vorlieben und BDSM als unnormal und schmutzig angesehen, aber muss die Arbeit nicht auch eine sehr saubere Seite haben, gerade im Hinblick auf klare Grenzen und Kommunikation aber auch im Hinblick auf Hygiene?

Meine Erfahrung ist, dass BDSM als unnormal oder schmutzig angesehen wird, weil die Menschen nicht informiert sind und Klischees im Hinterkopf haben. Das ist ein Phänomen, dass sich auch in anderen Bereichen des Lebens finden lässt. Tatsache ist, und das sehe ich sowohl im privaten als auch kommerziellen BDSM Bereich, dass eine gute Kommunikation, Einvernehmlichkeit, Aftercare, safe Praktiken usw. besonders groß geschrieben sind und bewusst praktiziert werden. Im Hinblick auf die Hygiene haben SM Studios Vorschriften wie Praxen oder Kosmetikstudios. Ein seriöses Studio, eine professionelle Domina oder generell vertrauenswürdige BDSM-Spielpartner zeichnen sich durch bewusstes Handeln und ein psychologisches und physisches Verständnis dessen, was sie tun, aus.


Der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch hat in einem Spiegelinterview gesagt: „Phantasien müssen schmutzig sein. Sauberkeit, Gewissenhaftigkeit und Rationalität sind Gift für jede Erotik.“ Stimmst du da zu?

Ich würde sagen, Phantasien müssen frei sein. Aber ich stimme zu, Sauberkeit im Sinne von Überkorrektheit und Rationalität sind die größten Killer sexueller und schöpferischer Entfaltung.

Glaubst du, dass die Magie und „Dirtyness“ deines Berufs durch eine Normalisierung in der Gesellschaft verloren gehen könnte?

Im Umkehrschluss würde das ja heißen, dass jede Menge sexueller Vorlieben nur existieren, weil sie noch nicht normalisiert sind. Ich denke, genau das Gegenteil würde eintreffen. Menschen würden sich noch viel mehr mit Ihrer Sexualität befassen und somit auch mehr mit sich selbst, mit dem partnerschaftlichen Sex und mit gesellschaftlichen Fragen. Das kann nur ein Zugewinn für alle sein.


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